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Gregorianischer Gesang

Diese Bezeichnung bewahrt das Andenken an den römischen Bischof Gregor, der im 7. Jahrhundert das gesamte gottesdienstliche Singen der abendländischen Christenheit neu ordnete. Seit alters wurden Psalmen, Gebete und Lobgesänge im christlichen Gottesdienst gesungen; fromme Männer, wie der Bischof Ambrosius in Mailand (um 350) hatten den Gesang der Kirche gefördert und auch durch eigene, neue Weisen bereichert. Die ordnende Hand Gregors gab den Gesängen eine geregelte Gestalt und einen festen Platz in der Liturgie und schuf damit eine Grundlage für den Kirchengesang, die bis heute wirksam geblieben ist.

Dem gregorianischen Choral liegt eine ältere musikalische Formensprache zu Grunde, die sich von dem modernen, an Dur-Moll gewöhnten Empfinden charakteristisch unterscheidet und dem ursprünglichen Volks- und Kinderlied nahe verwandt ist. Die gregorianischen Singweisen sind entweder („Akzentus”) als ein feierlich fließendes Sprechen auf festgelegten Tonhöhen streng an das Wort gebunden, schmiegsam dem Sprachrhythmus angepaßt, oder aber („Konzentus”) in reicher rhythmischer und musikalischer Bewegung, oft das Wort vergewaltigend, ein überschwänglicher Ausdruck des Jubels, des Flehens, der Klage. Immer aber verleiht die Gregorianik in ihrer strengen Einstimmigkeit, die auf Harmonie verzichtet, darum auch die Begleitung durch die Orgel kaum verträgt, dem liturgischen Gesang einen Stil durchsichtiger Klarheit, die ebenso den reichsten Jubelgesang wie die schlichteste Strenge umspannt.

Die deutsche Kultsprache fordert eine wesentliche Umgestaltung der an die lateinische Sprache gebundenen gregorianischen Formen. Doch bleiben auch in der evangelischen Kirche der Altargesang des Liturgen und die zugehörigen Antworten der Gemeinde, die feststehenden Gesänge der Messe, Psalmen und Antiphonen im Stundengebet, aber auch Schriftlesung und Gebet (wo diese „gesungen” werden) an den Grundcharakter des gregorianischen Gesangs gebunden.

Das Gottesjahr 1941, S. 50-51
© Johannes Stauda-Verlag Kassel

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-12-06
 

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